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Bürgermeister bittet Nachbarorte um Hilfe

Freie Presse Thalheims

Artikel: "Thalheims Bürgermeister bittet Nachbarorte um Hilfe" (Freie Presse)

Ziel: das derzeit geschlossene Erzgebirgsbad retten. Deshalb müsse auch die Region an einem Strang ziehen, so Nico Dittmann. Derweil bleibt die EU-weite Ausschreibung weiter geheim.

Thalheim. Um sein Ziel zu erreichen, das angeschlagene und noch mindestens bis Ende 2015 geschlossene Erzgebirgsbad wieder zu eröffnen und somit zu retten, geht Thalheims Bürgermeister Nico Dittmann unkonventionelle Wege. Er appelliert an die Solidarität der Kommunen im Altkreis Stollberg, sich am Bad zu beteiligen. "Ich bettel nicht. Ich fordere nicht. Ich bitte um Hilfe", sagt Dittmann. Im Kern geht es darum, etwa beim Schulschwimmen langfristige Verträge mit Thalheim für möglichst alle Grundschüler zu machen - womöglich gekoppelt mit einem Extra-Zuschuss. Als das Bad noch geöffnet hatte, waren etwa 350 Kinder aus der Region ins Erzgebirgsbad gegangen, um schwimmen zu lernen.

"Es ist ein Diskussionsvorschlag an die Bürgermeister und die Gemeinderäte, dies mal grundsätzlich zu besprechen und Argumente auszutauschen. Notfalls komme ich auch hinzu und werbe für meine Idee. Immerhin unterhalten wir als Stadt das Bad allein, welches aber für unsere Region ein Alleinstellungsmerkmal darstellt und in das auch viele Nicht-Thalheimer schwimmen gehen", so Dittmann. Sollte das Bad nicht erhalten werden, dann würden die Schwimmer nur andere Bäder und andere Regionen stärken. Dieses Signal will er auch in Richtung hiesiger Firmen senden, die er ebenso ansprechen möchte, sich zu beteiligen, etwa mit von Unternehmen bezuschussten Kontingenten an Eintrittskarten für Mitarbeiter.

Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt will Dittmann helfen. "Sowohl beim Schulschwimmen als auch mit einem Zuschuss. Wie hoch dieser sein könnte, kann ich aber noch nicht sagen." Dagegen könnte Dittmann schon in Zwönitz scheitern. Die größte Kommune im Altkreis will im Januar einen Grundsatzbeschluss zum eigenen Hallenbad und dem Schulschwimmen fassen: Neubau, Sanierung - oder Schließung. Letzteres ist aber wohl nicht zu erwarten. Jahnsdorfs Bürgermeister Carsten Michaelis findet es dagegen gut, dass sein Amtskollege das Gespräch sucht. "Ich höre mir das im Detail an und spreche es im Gemeinderat an."

Dittmann kann derzeit aber noch keine konkreten Zahlen nennen. Denn auch er müsse den weiteren Verlauf der europaweiten Ausschreibung abwarten - und ob ein Badbetreiber ein belastbares Konzept vorlegt. Dittmann: "Wenn es diesen Bewerber gibt, dann möchte ich ihm sagen können, dass die Kommunen mithelfen, das Bad am Leben zu halten, zum Beispiel mit sicheren Einnahmen aus dem Schulschwimmen." Das werde zwar finanziell nur ein kleiner Teil sein, aber dafür mit Symbolkraft.

Kommentar: Etwas wagen bis Anfang 2015

Natürlich ist das Ansinnen des jungen Thalheimer Bürgermeisters ein kommunalrechtliches Vorfühlen. Und natürlich wird es viele Gegenargumente geben. Vielleicht scheitert Dittmann sogar mit seiner Initiative. Jedoch: Er versucht, über Ortsgrenzen hinweg zu denken. Das ist bemerkenswert. Sicher ist: Die Stadt Thalheim wird - und muss - den größten Teil der öffentlichen Lasten eines neuen Bades tragen. Denn es steht nun mal in Thalheim. Dem möglichen Betreiber will Dittmann im ersten Quartal 2015 deshalb zwei nicht unwichtige Argumente in die Hand legen, das Abenteuer Erzgebirgsbad zu wagen: 150.000 Euro kommunale Zuschüsse (keinen Cent mehr). Und dazu: möglichst lange und verbindliche Nutzungen im Schulschwimmsport aller umliegenden Kommunen. Diese sind nun dran, zu reagieren. Sie haben Zeit - bis Anfang 2015.

"Das Interesse aus dem Ausland ist üblicherweise gering"

Jan Oechsner sprach mit dem Nürnberger Anwalt Arnd Bühner, der die EU-weite Ausschreibung für die Stadt Thalheim abwickelt.

Haben sich Bewerber gemeldet?

Ja.

Wie viele sind es?

Das dürfen wir wegen des geheimen Wettbewerbs nicht beantworten. Die Anzahl der Wettbewerber verrät mehr als Sie denken. Wenn Sie etwa als Mitbewerber wissen, es ist kein Dritter dabei, dann könnte es auch Absprachen geben, falls man sich im Kaffeehaus mal trifft. Das meine ich natürlich überspitzt, aber ernsthaft: Wir halten uns an die Geheimhaltungspflicht der EU-Ausschreibung.

Wann dürfen Sie denn überhaupt mal irgendwas sagen?

Erst mit der Zuschlagserteilung. Unser Plan: Erstes Quartal 2015.

Gibt es ausländische Bewerber?

Auch das dürfen wir nicht beantworten. Aber soviel: Das Interesse aus dem Ausland ist üblicherweise gering. Der Aufwand für Bewerber jenseits von Deutschland ist für ein Projekt wie Thalheim normalerweise zu groß.

Haben Sie öfters für Bäder EU-weite Ausschreibungen gemacht?

Ja. In Fürth, Marktheidenfeld, Zirndorf in Bayern. Bei den beiden ersten kam es auch zu einem Abschluss. Es waren alles vergleichbare Bäder, allerdings waren sie nicht wie in Thalheim geschlossen während der Ausschreibung. Die Gemeinde Zirndorf stoppte dagegen die Ausschreibung.

Ist das erlaubt?

Ja.

Wenn Thalheim dies macht: Muss die Stadt dann Bewerber für ihren Aufwand entschädigen?

Nein, wenn die Stadt sachlich nachvollziehbare Gründe nennt. Ein solcher Grund wäre: Keiner der Bewerber hält sich an alle Vorgaben.

Ist das Honorar für Ihre Kanzlei fest und unabhängig von der Höhe des in der Ausschreibung genannten Auftragsvolumens?

Ja.




Autor: Jan Oechsner
Quelle: Freie Presse (05.11.2014)